Grüne Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke in Pfullingen

2023-10-26: Eine positive Halbzeitbilanz stellt die Bertelsmann-Stiftung der Regierung aus. Von über 450 konkreten, im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben, sind 38 Prozent  komplett umgesetzt, 26 Prozent in Bearbeitung. Von den Vorhaben im Bereich der Arbeit- und Sozialpolitik sind von 58 Vorhaben bereits 50 Prozent umgesetzt worden.

Nach einer Begrüßung durch Traude Koch, Fraktionsvorsitzende der GRÜN-Alternativen Liste (GAL) Pfullingen beginnt Beate Müller-Gemmeke ihren Bericht mit diesen Zahlen.Die Regierung streite zu viel, sagen manche, nach einer Umfrage sehen nur 10 Prozent der Befragten die Notwendigkeit ein, Kompromisse zu schließen. Dazu Müller-Gemmeke:

„Demokratie lebt von Diskussion. Die Auseinandersetzung über die bestmöglichen Lösungen ist notwendig. Die in der Gesellschaft strittigen Themen spiegeln sich deshalb auf allen politischen Ebenen, auch innerhalb der Regierung“. Für unseren Zusammenhalt ist nicht der Streit gefährlich, sondern die mangelnde Einsicht, dass Kompromisse notwendig sind.Wichtige Vorhaben, an denen Beate Müller-Gemmeke direkt beteiligt ist und sich in die Umsetzung einmischt, sind Bürgergeld  und Kindergrundsicherung. Zu diesen Punkten referiert sie ausführlich, beantwortet Fragen und hört den Erfahrungen der Anwesenden zu.

Kindergrundsicherung:

Gleich zu Beginn fragt ein Pfullinger Bürger, ob es nicht nötig wäre, die Verwendung von Kindergeld staatlich zu kontrollieren. Diesem Ansinnen, das einer staatlichen Überwachung aller Eltern gleichkäme, erteilte die Abgeordnete eine klare Absage.

Die noch in Abstimmung befindliche Kindergrundsicherung ist notwendig, weil jedes fünfte Kind in Armut lebt. Sie bündelt alle staatlichen Leistungen für Kinder und insbesondere verdeckte Armut verhindern. Alleinerziehende werden besonders profitieren und wer Anspruch auf einen Zusatzbetrag hat, der wird vom Finanzamt im Sinne eines Checks aktiv informiert.

Erfahrungen mit dem Bürgergeld:

Das Bürgergeld, das seit Anfang 2023 eingeführt wurde, bleibt in der Systematik des Sozialstaats, erklärt Müller-Gemmeke. Das bedeutet: Menschen, die arbeiten, haben immer deutlich mehr Geld zur Verfügung als Menschen, die nicht arbeiten und Bürgergeld beziehen. Der Abstand vom Verdienst durch Arbeit gegenüber dem Bürgergeld wurde sogar erhöht.

Es ist ein Thema, das die Abgeordnete umtreibt, auch in der örtlichen Presse Platz einnahm und bei dem die CDU/CSU mit falschen Zahlen agiert. Wird das Thema Bürgergeld mit der Flüchtlingspolitik gekoppelt, entsteht ein unverantwortlicher rechter Diskurs. Dazu die guten Zahlen: Nach sieben Jahren Aufenthalt in Deutschland arbeiten 67% der hierher Geflüchteten und damit mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung. Müller-Gemmeke führt aus, wie nötig es ist, das Asylverfahren zu verkürzen, die Zahl der Deutschkurse zu verbessern und Arbeiten mit Deutschlernen zusammen zu bringen.

Mit dem Bürgergeld gibt es Augenhöhe und es wurden Anreize geschaffen. Auszubildende dürfen beispielsweise einen großen Teil ihrer  Ausbildungsvergütung behalten und nicht auf die Sozialleistung angerechnet. Wie die Abgeordnete ausführt, wurde das Bürgergeld auf Qualifizierung ausgerichtet. Für einen Teil der Arbeitslosen geht es darum Mut zu machen, Selbstvertrauen zu entwickeln und sie selbst in die Überlegungen zur Verbesserung ihrer Situation einzubinden. Bei Langzeitarbeitslosen sei oft die Gesundheit das Haupthindernis, eine Arbeit annehmen zu können, erklärt Müller-Gemmeke. Es geht häufig nicht um schnelle Vermittlung, sondern auch und die Möglichkeit geschützter Räume mit dem Ziel einer späteren nachhaltigen Integration in Arbeit.  

Wie wirkt das Bürgergeld? Die größere Änderung, die zum 1. Juli dieses Jahres eingeführt wurde, ist der Kooperationsplan, der gemeinsam und auf Augenhöhe vereinbart wird. Wie sich diese Veränderung auswirkt – eine Frage aus dem Publikum, kann wegen der kurzen Zeit noch nicht beantwortet werden. Von den Jobcentern sind jedoch überwiegend positive Reaktionen zu hören. Sie beurteilen die Änderungen im Rahmen des Bürgergeldes positiv.

Aus der Zuhörerschaft kamen verschiedene Fragen und Beiträge. Beispielsweise zur Situation junger Menschen, denen ihre Situation hoffnungslos erscheint, die an den Krisen verzweifeln und denen eine Perspektive fehlt. In der Debatte wurde deutlich: Jungen Menschen Mut zu machen, ihnen einen Platz in der Gesellschaft zu ermöglichen, ist nicht nur Aufgabe der Politik, sondern für die ganze Gesellschaft. Müller-Gemmeke plädierte ganz grundsätzlich für mehr Zusammenhalt.

Viele Probleme, die uns als Gesellschaft momentan belasten, sind aufgrund der hohen Individualisierung der letzten Jahrzehnte entstanden. Wir sollten uns daher alle wieder mehr auf Gemeinschaft, Zusammenhalt und Kooperation besinnen. Es geht nicht immer nur um das „ich“, es geht um das „UNS“.

Mit diesem Schlusswort von Moderatorin Traude Koch endete die gut besuchte Veranstaltung, ein Pfullinger Geschenktäschle bekam Müller-Gemmeke als Dank mit auf den Weg.