Das Land bietet die Förderlandschaft – Pfullingen muss sie nutzen

Auf Einladung der Grün-Alternativen Liste sprach der Landtagsabgeordnete Thomas Poreski am 12.03.2020 im Gasthaus Alter Bahnhof über das Programm der Landesregierung, die Ziele der Fraktion der GRÜNEN im Landtag und stellte sich den Fragen der Teilnehmenden.

Ein Schwerpunkt der Landesgrünen: Bessere Finanzierung von Sozialprojekten

Poreski begann seinen Vortrag mit einem persönlichen Schwerpunkt: Sozial- und Integrationspolitik. „Es freut mich, dass beim stark umkämpften Landeshaushalt alle Änderungsanträge aus der grünen Fraktion zum Sozialhaushalt angenommen wurden“, so Poreski. Er sei als Grüner Sprecher für Sozialpolitik zufrieden mit dem bisher in dieser Legislatur Erreichten: Förderung der offenen Jugendarbeit, Einrichtung von Integrationsmanagern, Co-Finanzierung der Kommunen beim Schutzes von Frauen gegen Gewalt. Der Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt wird vorwärtsgebracht: Projekte wie Wirbelwind (Reutlingen) werden systematisch gefördert; durch die Finanzierung einer neuen, landesweiten Dachstruktur können unabhängige Beratungsstellen in ihrer (präventiven) Arbeit gestärkt und Berater geschult werden. Auch der Schutz von Frauen mit Behinderung gegen Gewalt soll verbessert werden.

Das Land beteilige sich außerdem an den Mehrkosten, die das neue Bundesteilhabegesetz mit sich bringe. Der Bedarf eines Menschen mit Behinderung werde zukünftig an seiner individuellen Realität gemessen. „Das macht für die Betroffenen wirklich etwas aus“, weiß Poreski aus langjähriger Berufserfahrung in der Behindertenhilfe.

Poreski berichtet, wie die unabhängige Beratung von Erwerbslosen modellhaft entwickelt worden ist; das erfolgreiche Konzept soll – mit deutlicher Zustimmung der Agentur für Arbeit – flächendeckend vom Land finanziert werden (als Navigationshilfe gegen Hilflosigkeit, Begleitung zum Arbeitsamt,…).

Was die Pfullinger bewegt: Radwege und Stadtbahntrasse

Auf Nachfrage des GAL-Sprechers Andreas Losch wurde über die Bepreisung des Co2-Ausstosses diskutiert. Um die Kosten der Co2-Verschmutzung einzupreisen, müssten laut Poreski 180 € pro Tonne Co2 gefordert werden. Ein daraus gewonnenes „Energiegeld“ würde pro Kopf ausbezahlt und zur Senkung des Strompreises verwende werden. „Die Entwicklung von Co2-neutralen Produkten soll sich lohnen, die Marktwirtschaft muss ökologisch ergänzt werden. Mutig finde ich hier, was die Firma Bosch macht, die sich mit der Co2-Neutralität ein ehrgeiziges Ziel gesetzt hat“.

Bei den erneuerbaren Energien müsse man „die Fahne hochzuhalten, auch wenn es gerade nicht so gut läuft“ – so wird z. B. von Seiten der Bundesregierung die Errichtung neuer Solaranlagen zu stark gedeckelt. „Hier rennen die GRÜNEN gegen Beton an“ kritisierte Poreski die Berliner Rahmenbedingungen der Energiewende.

Beim Thema Mobilität macht der Abgeordnete deutlich, es sei nicht damit getan, Verbrennungsmotoren durch E-Autos zu ersetzen. „Ausgehend vom ehrgeizigen Ziel des Landesverkehrsministers brauchen wir vernetztere und bessere Nahverkehrskonzepte, weniger individuellen Autoverkehr und deutlich mehr ÖPNV und Radverkehr.

Anknüpfend an einen Hinweis der GAL-Fraktionsvorsitzenden Traude Koch zeigt Poreski Verständnis für die Herausforderungen in Pfullingen bezüglich der Trassen für neue Radschnellwege und die Regionalstadtbahn. Diese sollten in Kombination beraten und in überkommunaler Zusammenarbeit geplant werden. „Gute Radschnellwege sollten nicht länger sein als die vergleichbare Autostrecke“ betonte Poreski mit vor allem auf die Verbindung von Tübingen nach Reutlingen, die ins Echaztal weitergeführt werden könnte. „Radschnellwege können nicht in Berlin sondern müssen regional geplant werden“. Dafür könnten grundsätzlich auch bisherig zweispurige Straßen auf eine Spur verengt, die andere Spur für Radverkehr genutzt werden. Die Neuverteilung der Verkehrsflächen für Rad und Regionalstadtbahn sollte vor allem in der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bearbeitet werden. „Schwierige Entscheidungen brauchen eine fairen Interessensausgleich. Wie realistisch vernünftige Radstrecken in Pfullingen sind, hängt vor allem von der Akzeptanz in der Bevölkerung ab“.

Auf Anregung von Pierre Godbillon diskutierte die Runde über die Bedeutung von Wissen und Weiterbildung beim Thema Mobilität. Godbillon: “Wir kommen bei der Mobilitätswende nicht weiter, wenn die Planer und Entscheider sich nicht fortbilden“. Oft scheitere die Umsetzung von Alternativen in der Kommune, weil Fördertöpfe nicht genutzt oder nicht angenommen würden (z. B. der Fußverkehrs-Check). Poreski bestätigt diese Einschätzung: „Das Land stellt die Förderlandschaft zur Verfügung, Pfullingen muss diese besser nutzen.“

Gelungene Beispiele von autoärmeren Innenstädten mit besserer Aufenthaltsqualität und lebendigen Quartieren sollten Pfullingen als Vorbild dienen und innerhalb eines Informationsbesuchs angeschaut werden.

Poreski berichtete über die Großtechnologie der Erzeugung von Kraftstoff aus Wasserstoff, dieser werde als Ersatz für Koks, als Kraftstoff für Langstrecken-LKWs und für die Schifffahrt gebraucht. Eine Offenheit der Landesregierung für diese Technologie sei vorhanden, sie werde – wie viele andere Entwicklungen – ebenfalls gefördert.

Auch zu den Probleme im Regionalverkehr der Bahn ist Thomas Poreski tätig geworden – im Hinblick auf die Verlässlichkeit, den häufigeren Takt und die höhere Attraktivität. Bei der Umstellung der Züge auf den neuen Betreiber wird vorerst vor allem die Zuverlässigkeit der Einhaltung des bisherigen Fahrplans Vorrang erhalten. Kann dieser gewährleistet werden, soll die Taktzahl der Züge erhöht werden.

Michael Hagel, Vorsitzender des Ortsverbands Pfullingen der GRÜNEN, fragte nach, wie es nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes mit dem Thema Auskreisung weiter gehe. Hier sprach sich Poreski für einen Interessensausgleich zwischen der Großstadt Reutlingen und dem Landkreis aus. Er selbst habe Vorschläge unterbreitet, wie Mischformen gestaltet werden könnten, bei der die Stadt Reutlingen Aufgaben aus dem Sozialbereich selbst übernimmt. „Es wäre klug, lösungsorientierte Gespräche aufzunehmen und einen intelligenten Weg zu finden.“

Natürlich war auch das Coronavirus ein Thema, am 12.03. noch unter etwas anderen Vorzeichen. Vielleicht diene die Krise dazu, über das Verlagern von Produktionen ins Ausland kritischer nachzudenken, Arbeitskosten anders zu bewerten und auch ökologische und soziale Faktoren zu bepreisen waren Gedanken dazu. „Das Klima freut sich, kann ein paar Wochen durchatmen“ war aus der Runde zu hören.

Traude Koch / Michael Hagel